INTERVIEW MIT ROLAND SCHULZ

sds19: Magst du unseren Leser*innen kurz von deiner Arbeit, deinem Leben und deiner Lebensphilosophie erzählen.

Ich arbeite als Journalist, vor allem für das Magazin der „Süddeutschen Zeitung.“ Lebensphilosophie? Ich glaube: Leben.

sds19: In welcher Art gestaltest du die „Stadt der Sterblichen” im Sep 2019 in Leipzig mit?

Ich lese aus meinem Buch „So sterben wir“, in dem ich deine letzte Reise beschreibe – den Weg eines archetypischen Sterbenden und Toten: die letzten Tage und Stunden, die Reise des Leichnams von der Leichenschau bis zur Bestattung, die Trauer danach.

sds19: Wie und in welcher Weise beschäftigst du dich mit dem Tod?

Ich denke immer wieder daran, im Grunde Tag für Tag.

sds19: Was bedeutet für dich Endlichkeitskultur?

Etwas sehr altes. Eine der ältesten Kulturtechniken des Menschen ist, seine Toten zu bestatten.

sds19: Warum ist es deines Erachtens notwendig, dass sich jeder mit dem Leben, Sterben und Tod auseinandersetzt?

Notwendig ist es nicht. Es steht jedem frei, sich mit Sterben und Tod auseinanderzusetzen, aber es ist kein Muss, glaube ich. In Sterben und Tod lassen sich keine starren Regeln aufstellen.

sds19: Was kann man deiner Meinung nach aktiv tun, damit diese Themen stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit treten?

Darüber reden. Gerade in jenen Augenblicken, in denen Sterben und Tod im Leben aufblitzt – dann nicht darüber hinweg schweigen, sondern sprechen.

sds19: Warum ist es wichtig, den Menschen Tod, Sterben und die eigene Endlichkeit näher zu bringen?

Vielleicht lebt es sich dann ein wenig achtsamer.

sds19: Hast du Empfehlungen, wie man den einzelnen Individuen in unserer Gesellschaft den Umgang mit Trauer, Verlust, Leid, Angst und Schmerz erleichtern kann, um damit einen besseren Umgang pflegen zu können?

Nein. Jeder Mensch trauert auf seine eigene Art, jeder Mensch stirbt auf seine eigene Weise. Ich weiß daher nicht, ob man einzelnen Menschen den Umgang damit erleichtern kann. Vielleicht ist erleichtern auch das falsche Wort.

sds19: Wie können Kunst, Kultur und Bildung ihren Beitrag leisten?

Durch das Angebot, sich mit Sterben und Tod auseinanderzusetzen.

sds19: Magst du uns Bücher, Filme und/oder Musik zum Thema Leben, Sterben und Tod empfehlen?

Ich mag die Karikaturen in der Zeitschrift „New Yorker“ sehr, in denen der Tod auftritt. In einer liegt der Tod selbst tot in einem offenen Sarg, aufgebahrt. Davor steht ein altes Ehepaar. Die Frau sagt: „I was hoping taxes would go first.“

sds19: Was ist unser Erbe, was ist unsere Zukunft? Was wünschst du dir für ein besseres menschliches Miteinander?

Mehr Mitgefühl. Nicht nur Menschen gegenüber, auch allem anderen um uns.

sds19: Was bedeuten für dich Freiheit, Schutz der Menschenwürde und Gleichberechtigung?

Die Grundwerte des Lebens.

sds19: Welches ist dein Lieblingszitat zum Thema Leben, Schmerz und Tod?

Das berühmte von Snoopy. Charlie Brown sagt ihm: Eines Tages werden wir alle sterben! Und Snoopy antwortet: Stimmt. Aber an allen anderen Tagen nicht.

sds19: Zum Schluss möchten wir dich noch bitten, folgende 3 Sätze mit deinen eigenen Worten zu ergänzen:

1. Eines Tages werde ich sterben,
wie alle anderen vor mir auch.

2. Unsterblichkeit wäre
langweilig.

3. Das Leben ist
ein Geschenk.