INTERVIEW MIT MARKUS KAVKA

Ein geflügeltes Wort lautet ja: „Man lebt nur einmal.“ Da sage ich: Falsch. Richtig ist: Man stirbt nur einmal. Leben tut man jeden Tag aufs Neue.

sds19: Magst du unseren Leser*innen kurz von deiner Arbeit, deinem Leben und deiner Lebensphilosophie erzählen.

Ich arbeite nun seit fast 30 Jahren im weitesten Sinne als Journalist, anfangs ausschließlich für Musik, mittlerweile auch in den Bereichen Sport, Film und Gesellschaft. Mein Hauptjob ist TV-Moderation für diverse Sender, zusätzlich moderiere ich beim Radio und produziere Podcasts und bin Produzent/DJ für elektronische Musik. Ansonsten habe ich viel Freude in meinem Leben, ich liebe den Austausch und Menschen und will jeden Tag Neues erleben und erfahren.

sds19: In welcher Art gestaltest du die „Stadt der Sterblichen” im Sep 2019 in Leipzig mit?

Ich moderiere die „Talkshow des Todes“, in der ich mit verschiedenen Gästen über das Thema Tod spreche.

sds19: Wie und in welcher Weise beschäftigst du dich mit dem Tod?

Über die normale Beschäftigung damit hinaus, bin ich seit vielen Jahren beim Verein „Freunde fürs Leben“  engagiert. Dort versuchen wir, die Themen Suizid und Depression zu enttabuisieren, weil wir denken, dass darüber viel zu wenig gesprochen wird. Dabei würde das Reden darüber so vielen Menschen helfen, sich entsprechend zu öffnen und sich helfen zu lassen.

sds19: Was bedeutet für dich Endlichkeitskultur?

Sich darüber im Klaren zu sein, dass das Leben endlich und unser Dasein hier irgendwann vorbei ist. Wenn man das akzeptiert und verinnerlicht hat, lebt es sich ganz anders. Ein geflügeltes Wort lautet ja: „Man lebt nur einmal.“  Da sage ich: Falsch. Richtig ist: Man stirbt nur einmal. Leben tut man jeden Tag aufs Neue.

sds19: Warum ist es deines Erachtens notwendig, dass sich jeder mit dem Leben, Sterben und Tod auseinandersetzt?

Ich will anderen Menschen nicht vorschreiben, sich damit auseinanderzusetzen. Ich kann auch sehr gut verstehen, wenn jemand das nicht möchte, weil so richtig lustig ist das ja selten. Ich persönlich habe mich schon sehr früh damit auseinandergesetzt. Zum einen wegen des sehr frühen Tods meiner beiden Großväter, zum anderen weil ich mich als jugendlicher Goth dem Thema auch von popkultureller Seite nähern konnte, das hat dem Ganzen ein bisschen das Ernste, Freudlose, Deprimierende genommen.

sds19: Was kann man deiner Meinung nach aktiv tun, damit diese Themen stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit treten?

Wie gerade schon angedeutet, sind Kunst und Kultur natürlich sehr gute Vehikel, um dieses heikle Thema zu transportieren. Das bewirkt automatisch, dass man darüber spricht. Und darüber sprechen, gerne auch mal weniger ernst, ist eh das Wichtigste.

sds19: Warum ist es wichtig, den Menschen Tod, Sterben und die eigene Endlichkeit näher zu bringen?

Das muss jeder Mensch erst mal selbst entscheiden, ob ihm das wichtig ist. Mir persönlich hat es in vielen Lebenslagen geholfen, ein entspanntes Verhältnis zum Tod zu haben. Aber daran muss man arbeiten, das kommt zumindest in unserem Kulturkreis, speziell in dem, aus dem ich ursprünglich komme, also dem katholischen Bayern, nicht von alleine.

sds19: Hast du Empfehlungen, wie man den einzelnen Individuen in unserer Gesellschaft den Umgang mit Trauer, Verlust, Leid, Angst und Schmerz erleichtern kann, um damit einen besseren Umgang pflegen zu können?

Das ist sehr schwer, da Empfehlungen zu geben. Ich sehe das auch in meinem unmittelbaren Umfeld. Als dieses Jahr mein Vater gestorben ist, ging jeder in der Familie anders mit diesem Verlust um. Man möchte dann auch niemanden vorschreiben wollen, wie er es am besten macht, das muss wirklich jeder für sich entscheiden. Aber auch hier galt: Reden hilft.

sds19: Wie können Kunst, Kultur und Bildung ihren Beitrag leisten?

Gerade Kunst und Kultur können das Thema Tod auf spielerische Weise enttabuisieren. Diese Chance sollte noch viel öfter genutzt werden.

sds19: Magst du uns Bücher, Filme und/oder Musik zum Thema Leben, Sterben und Tod empfehlen?

Z. B. diese wunderbare, vom New Musical Express erstellte Playlist: https://www.nme.com/blogs/nme-blogs/songs-about-death-5265
Filme: Das Beste kommt zum Schluss / Sterben für Anfänger  /  The Descendants / Harold & Maude

sds19: Was bedeuten für dich Freiheit, Schutz der Menschenwürde und Gleichberechtigung?

Das sind drei Grundpfeiler menschlichen Miteinanders. Ohne die geht es gar nicht.

sds19: Welches ist dein Lieblingszitat zum Thema Leben, Schmerz und Tod?

Charlie Brown: „Someday we will all die, Snoopy.“ Snoopy: „True. But on all the other days we will not.“  (Nach Charles M. Schulz)

sds19: Zum Schluss möchten wir dich noch bitten, folgende 3 Sätze mit deinen eigenen Worten zu ergänzen:

1. Eines Tages werde ich sterben,
an allen anderen Tagen nicht ;-)

2. Unsterblichkeit wäre
das totale Grauen

3. Das Leben ist
ein wunderbares Geschenk.